Zwischen Dankbarkeit und Aufbruch – Wiens antiochenische Gemeinde braucht Raum zum Wachsen
Die Wiener antiochenisch-orthodoxe Gemeinde sucht dringend eine eigene Kirche. Das hat der für Österreich zuständige antiochenische Metropolit Isaak (Barakat) im Kathpress-Interview bekräftigt. Die Gemeinde St. Petrus und Paulus feiert ihre Gottesdienste seit vielen Jahren in der Kapelle der katholischen Armen
Schulschwestern Unserer Lieben Frau in der Fünfhausgasse 25 (1150 Wien). Da die Gemeinde aber stetig im Wachsen ist, brauche man dringend größere Räumlichkeiten, so Metropolit Isaak. Man sei den bisherigen Gastgeberinnen sehr dankbar, nun wolle man aber den nächsten Schritt setzen, so der Metropolit.
Die Gemeinde in Wien besteht laut Pfarrer Nikola Wahbeh derzeit aus rund 170 Familien. Sie kämen aus Syrien, der Türkei und anderen Ländern des Nahen Ostens. Eine zweite größere Gemeinde gibt es in Hall in Tirol. Zwei kleinen
Gemeinden wurden inzwischen aber auch in Linz und Salzburg eingerichtet „und wir bauen auch gerade eine weitere Gemeinde in Graz auf“, so der Geistliche: „Auch wenn es sich nur um fünf oder zehn Familien handelt. Wir lassen niemanden im Stich und bemühen uns um eine gute Seelsorge.“
Wie Metropolit Isaak sagte, sei man wegen einer eigenen Kirche schon in Kontakt mit
der Erzdiözese Wien, bisher habe sich aber noch kein passendes Objekt gefunden. Barakat bekannte sich in diesem Zusammenhang im Interview auch zu vertieften Beziehungen zwischen der Orthodoxen und Katholischen Kirche. Er strich u.a. die freundschaftliche
Beziehung zwischen dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios und Papst
Franziskus hervor und er sei zuversichtlich, dass es unter Papst Leo XIV.
weitere ökumenische Fortschritte geben werde.
Rebekka Dis vom Kirchenrat der Gemeinde verdeutlichte die derzeitigen beengten
Verhältnisse. „Wir unterrichten unsere Kinder in einem kleinen Beichtzimmer. Sie sitzen auf dem Boden und lernen.“ Fazit: „Wir brauchen ein Zuhause, in dem unsere Gemeinschaft wachsen, beten und aktiv werden kann. Wir wollen den nächsten Schritt setzen und wir wollen uns auch engagiert in die Gesellschaft in Österreich einbringen.“ – Eine Herausforderung für so manche Gemeindemitglieder: „Sie sind schon vor vielen Jahren alleine nach Österreich gekommen und können nun ihre Familienangehörigen nicht nachholen“, berichtete Dis.
Anfänge in den 1980er Jahren
Die Anfänge der antiochenisch-orthodoxen Gemeinde in Wien gehen auf das Jahr 1986
zurück. Pionierarbeit in der Seelsorge leistete Pater Georgios Tüten. Die ersten Gemeindemitglieder stammten zum Großteil aus der Türkei. Im Jahr 2002 wurde die Kirchengemeinde offiziell begründet, als Pfarrer fungierte ab diesem Jahr Michail Papas. Die Gottesdienste feierte die Gemeinde damals in der katholischen Kirche am Gaußplatz im zweiten Wiener Bezirk.
Österreich gehört zur Metropolie von Deutschland und Mitteleuropa, die seit 2013 von Metropolit Isaak geleitet wird. Er ist deshalb auch Mitglied in der Orthodoxen
Bischofskonferenz in Österreich. Die große Mehrzahl der Gemeinden – 30 an der Zahl – befindet sich in Deutschland. Acht Gemeinden haben eine eigene oder gepachtete Kirche, berichtete der Metropolit. Dazu kommt seit einigen Jahren ein Kloster, das in einem ehemaligen katholischen Kloster im kleinen Ort
Blankenheim in der Eifel gegründet wurde. In den Niederlanden gibt es aktuell sechs Gemeinden.
Das Patriarchat von Antiochien ist eines der fünf großen altkirchlichen Patriarchate neben Rom, Konstantinopel, Alexandria und Jerusalem. Die Gläubigen des Patriarchats feiern die byzantinische Liturgie (meist) in arabischer Sprache. Sie leben vor allem in Syrien und im Libanon. Es gibt auch Diaspora-Diözesen in den USA, in Lateinamerika und in Westeuropa. Der Sitz des Patriarchen – derzeit Johannes X. – befindet sich in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Die Angaben zu den Zahlen der Gläubigen weltweit, die dem Patriarchat zuzurechnen sind, reichen von 750.000 bis 3 Millionen.
Solidarität mit Nahost-Christen
Der Terroranschlag auf die orthodoxe Mar-Elias-Kirche in Damaskus am 22. Juni mit
ca. 30 Toten und mehr als 60 Verletzten hat auch die antiochenischen Christinnen und Christen in Wien zutiefst erschüttert. Der Anschlag zeige, wie verletzlich die christlichen Gemeinschaften in Syrien und auch in anderen
Nahost-Ländern sind, sagte Metropolit Isaak. Der Westen müsse den Glaubensgeschwistern im Orient mehr Aufmerksamkeit und Solidarität zukommen lassen.
In Wien lud die antiochenische Gemeinde nach dem Anschlag zu zwei Gedenkgottesdiensten. Am Gottesdienst in der Augustinerkirche nahm auch Metropolit Isaak teil. Dabei dankte er im Namen der aus Syrien geflüchteten
Christen für die Aufnahme in Österreich, „für die offenen Türen und Herzen“. Er danke allen, die helfen, hier in Österreich und in Syrien. Und
der Metropolit fügte hinzu: „Wir beten für unsere Liebsten in unserer Heimat und für alle Verfolgten, Ausgegrenzten, Unterdrückten und Hungernden.
Wir beten, dass der Herr unserem Volk Kraft schenkt und unseren Geschwistern, die trotz Hunger und Bedrängnis in ihrem Land ausharren.“ Mit ihrem Ausharren bezeugten die Christinnen und Christen vor Ort die Botschaft Christi: „Der Osten wird durch sie hell und leuchtend – ein Ort, der der Würde des
Menschen gerecht wird“, so der Metropolit.