Glaube

Ich glaube trinitasan den einen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer des Himmels und der Erde, alles Sichtbaren und Unsichtbaren. Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes einziggeborenen Sohn, der vom Vater gezeugt ist vor aller Zeit. Licht vom Licht wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater, durch den alles geschaffen ist. Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel herabgestiegen und Fleisch geworden vom Heiligen Geist und der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden. Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden, ist am dritten Tag auferstanden nach der Schrift. Er ist aufgefahren in den Himmel und sitzt zu Rechten des Vaters. Er wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten, seiner Herrschaft wird kein Ende sein. Und dem Heiligen Geist, den Herrn den Lebenschaffenden, der vom Vater ausgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten. Und an die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Ich bekenne die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Ich erwarte die Auferstehung der Toten und das Leben des kommenden Äons. Amen.

Erstellung des Glaubensbekentnisses

„Und als der Pfingsttag gekommen war, waren sie alle an einem Ort beieinander. Und es geschah plötzlich ein Brausen vom Himmel wie von einem gewaltigen Wind und erfüllte das ganze Haus, in dem sie saßen. Und es erschienen ihnen Zungen zerteilt, wie von Feuer, und er setzte auf einen jeden von ihnen, und sie wurden alle erfüllt von dem Heiligen Geist und fingen an, zu predigen in anderen Sprachen, wie der Geist ihnen gab auszusprechen“ (Apg 2, 1-4).Pfingsten ist der Tag, an dem der Heilige Geist auf die versammelten Jünger herabkam und die Kirche Gottes auf Erden gegründet wurde. Die Jünger fingen an diesem Tag mit der Verkündigung der neuen Botschaft, der Lehre Jesu Christi, an. Ihr Verkündigungsort war zuerst die jüdische Gemeinde in Jerusalem. Es dauerte aber nicht lange, bis sich das Evangelium weltweit verbreitete. Hier ist nicht nur die geographische Dimension gemeint, sondern auch die religiöse und nationale Zugehörigkeit. Das heißt, die Entscheidung wurde getroffen, nicht nur den Juden die Botschaft zu vermitteln, sondern auch den heidnischen Völkern.

Hierdurch entstanden zwei Ursachen für Meinungsverschiedenheit in der noch unstabilen Kirche. Die erste Ursache hatte mit dem religiösen Hintergrund zu tun. Denn viele Juden sahen im Christentum eine reine Fortsetzung ihres Glaubens. Einige meinten, man mußte durch die Beschneidung Jude werden. Erst dann konnte man sich durch die Taufe Christus anschließen. Dieser Meinung trat der Apostel Paulus heftig entgegen. Die zweite Ursache für Meinungsverschiedenheit war die geographische und kulturelle Lage der neuen christlichen Gemeinden. Die Hauptzentren der Christenheit, Rom, Alexandria und Antiochia, waren sprachlich und kulturell unterschiedlich geprägt. Dies löste ab und zu Mißverständnisse aus. In der Entstehungsphase hatte die Kirche auch mit einem anderen Problem zu tun, nämlich der Verfolgung seitens des heidnischen römischen Reiches. Die Verfolgung aber, auch wenn sie hart und schmerzhaft war, erwies sich gleichzeitig als wichtig für den Zusammenhalt der Mitglieder der Kirche.

Wir verlassen die ersten 250 Jahre des Kirchenlebens und befinden uns in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts. Der Glaube hatte sich verbreitet, und die Verfolgung nähert sich dem Ende. In Ägypten taucht ein Priester namens Arius (265-336) auf, von dem wir wissen, daß er ein gelehrter und sympathischer Prediger war. Um ihn versammelten sich viele Gläubige und Kleriker. Arius verkündigte eine Lehre, die zu einer der allergrößten Krisen in der Kirchengeschichte führen würde. Seiner Meinung nach war allein der Vater als Gott im richtigen Sinne zu bezeichnen. Der Sohn war nur ein sekundärer Gott, hatte eine niedrigere Stufe und war durch den Willen des Vaters aus dem Nichts erschaffen. Als andere Geschöpfe war der Sohn natürlich höher, weil er in seinem Wesen und Willen, seiner Macht und Herrlichkeit ein Bild des Vaters war.

Diese Lehre, die sehr kompliziert klingt, führte zu einer großen Spaltung und Unruhe innerhalb der Kirche und somit innerhalb des römischen Reiches. Es gab zwei Positionen, eine falsche, die Arius und seine Anhänger vertraten, und eine richtige, welche die Ansicht Alexanders, des Bischofs von Arius, darstellte.

Konstantin (280-337), der römische Kaiser, dem es mit großer Mühe gelang, in seinem Reich politische Ruhe walten zu lassen, war mit dieser neuen Spaltung unzufrieden. Er versuchte zu vermitteln und schickte Hossius, den Bischof der spanischen Stadt Kordoba, nach Alexandria, um sich nach dem Problem zu erkundigen und herausfinden, wer Recht hatte. Hossius fuhr nach Alexandria und hörte beide Parteien aber ohne Erfolg.

Im Jahr 325 berief der Kaiser Konstantin zu einer großen kirchlichen Versammlung nach Nizäa (heute Iznik) ein. Ziel war, über das Problem  des Arius zu diskutieren. Das war das erste Mal in der Geschichte der Kirche, daß ein solches umfassendes Treffen stattfindet. Deshalb wird diese Versammlung, die am 10. Mai begann und am 19. Juni zu Ende kam, als das „erste ökumenische Konzil“ bezeichnet. Die heiligen Väter dieses Konzils haben sich deutlich gegen die falsche Lehre des Arius ausgesprochen. Sie formulierten einen verbindlichen Text, das Glaubensbekenntnis, der die Hauptaussagen des christlichen Glaubens enthielt. Der in Nizäa ausgearbeitete Text endete mit der Formel „und an den Heiligen Geist“. Die Fortsetzung wurde 381 auf dem zweiten ökumenischen Konzil in Konstantinopel (Istanbul) verfaßt.

Unsere Kirche verehrt die Väter des ersten ökumenischen Konzils und feiert ihr Gedächtnis jedes Jahr an dem Sonntag zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten.

Die Menschwerdung – Ein Erklärungsversuch

Der Sohn Gottes ist Mensch geworden. So steht es im Glaubensbekenntnis, das jeden Sonntag in der Kirche vorgelesen wird. Das ist natürlich keine selbstverständliche Aussage. Um ein Wort verstehen zu können, muß man es in Verbindung mit etwas Konkretem setzen können. Um z. B. das Wort „Tisch“ zu verstehen, muß man einen Tisch gesehen haben, so dass man sich an das Bild des Tisches erinnern kann, jedes Mal wenn das Wort „Tisch“ vorkommt. So hat jede und jeder von uns die eigene Muttersprache gelernt. Deshalb ist es normalerweise schwierig, abstrakte Sachverhalte zu verstehen, wie z. B. Liebe, Freundschaft, Mut usw. Dabei handelt es sich nicht um konkrete Gegenstände, sondern um Gefühle und seelische Zustände. Diese lernt man durch eigene Erfahrung und Anlehnung an Erfahrungen anderer. Noch schwieriger verhält es sich bei Worten, die sich auf die Wirklichkeit kaum zu beziehen scheinen. Was heißt „Sohn Gottes“? Niemand hat Gott wirklich gesehen. Natürlich haben wir einige Gottesvorstellungen: Gott ist unsichtbar, allgegenwärtig, mächtig. Früher aber haben sich die Menschen Gott anders vorgestellt. Sie meinten, es gäbe mehrere Götter. Diese Vielfalt von Göttern haben sie gezeichnet, gemalt und in Statuen dargestellt. Demnach haben die Menschen nicht immer dieselben Vorstellungen von Gott gehabt. Selbst heute gibt es unterschiedliche Gottesvorstellungen. Einige meinen, Gott sei vor allem liebend, andere halten ihn vornehmlich für ein strafendes Wesen im Sinne eines Richters oder eines Polizisten. Was heißt „Sohn Gottes“? Wie kann Gott einen Sohn haben? Gott hat bestimmt nicht mit einer Frau zusammengeschlafen, um sie einen Sohn gebären zu lassen. Es mag sein, daß wir uns Gott männlich vorstellen, da in den meisten Sprachen die Bezeichnung „Gott“ maskulin (männlich) ist. Trotzdem ist Gott weder ein Mann noch eine Frau, weil er anders ist als alle Menschen. Was heißt auch „Mensch“? Vielleicht meint man, dieses Wort besser verstehen zu können. Das ist auch berechtigt, weil wir jeden Tag Erfahrungen mit Menschen haben. Wir sind selber Menschen. Wir können sogar gemeinsame Merkmale unter den Menschen feststellen. Wenn man aber versucht, den Menschen zu bestimmen, dann kommt man zum Schluß, daß das nicht so einfach ist. Nicht vergeblich rief Sokrates, der alte griechische Philosoph, die Menschen dazu auf, sich selbst zu erkennen. Obwohl die Wissenschaft große Fortschritte erzielt hat, bleiben viele Fragen, die mit dem inneren Wesen des Menschen zu tun haben, ohne befriedigende Antwort. Was ist z. B. die menschliche „Seele“? Das letzte Problem unserer Aussage besteht im Verb „werden“. Der Sohn Gottes ist Mensch „geworden“. Hier spitzt sich das Problem zu. Auch wenn wir nicht ganz genau wissen, was „Sohn Gottes“ und was „Mensch“ ist, so wissen wir zumindest, daß sie im Vergleich zueinander ganz anders sind. Gott und Mensch sind in der Tat zwei völlig unterschiedliche Größen. Wie kann der Sohn Gottes Mensch werden? Und falls er wirklich Mensch geworden ist, ist er auch Sohn Gottes geblieben? Kann jemand gleichzeitig Sohn Gottes und Mensch sein? Und was bedeutet die Menschwerdung für uns jetzt und heute?

Um diese Fragen zu beantworten, werden wir versuchen, den Ereignisse so nachzugehen, wie sie sich abgespielt haben. Der Gott, den wir verehren, hat sich in der Geschichte des jüdischen Volkes durch konkrete Ereignisse gezeigt. Da die Menschen sowieso nicht in der Lage waren, Gott zu sehen, machte Gott seine Anwesenheit durch geschichtliche Begebenheiten spürbar. In diesem Sinne ist es das wichtigste Ereignis für die Juden, daß Gott ihre Vorfahren aus Ägypten, wo sie unter der Sklaverei gelitten hatten, hinausführte. Danach aber hörte Gott nicht auf, sich zu zeigen, indem er immer wieder Botschafter schickte, die dem Volk Israel seinen Willen mitteilten. Man nannte sie „Propheten“. Es gab selbstverständlich keinen konkreten Beweis, daß Gott selbst in der Tat diese Menschen sandte. Das einzige Zeichen dafür war ihre eigene Rede und Botschaft. Diese Botschaftverlangte nach Annahme, Einverständnis und Vertrauen, d. h. nach Glaube. Das mag ein bißchen komisch und unrealistisch sein. Wenn man aber tief darüber nachdenkt, dann wird es klar, daß Vieles in unserem Leben auf reinem Vertrauen beruht. Liebe z. B. hat keine Beweise. Das, was man von einer geliebten Person an Zärtlichkeit, Verständnis, Zuwendung oder sogar als Geschenk empfängt, ist kein Beweis für die Liebe. Das sind eher Zeichen der Liebe. In diesem Sinne hat Liebe etwas Unbegreifliches. Nun zurück zu unserem Thema. Innerhalb des jüdischen Volkes entstand die Hoffnung, daß Gott einen Gesandten schicken würde, der dem Volk Israel endgültiges Heil schenken würde. Dieser Gesandte wurde Messias genannt. Messias heißt Gesalbter. Zu jenen Zeiten war der Gesalbte vor allem der König. Der König galt bei den Juden, wie bei vielen anderen Völkern, auch als „Sohn Gottes“. Hier bezeichnet der Ausdruck „Sohn Gottes“ einen Menschen mit besonderer Macht, der Gott auf der Erde vertritt. Von diesem Messias sprachen also die Propheten als von einem König. Für einige von ihnen war er aber kein normaler König. Sacharja z. B. sagt, daß er arm ist und auf einem Esel reitet (vgl. Sach 9, 9). Es ist keine Frage, daß dieses Bild im Gegensatz zu einer herkömmlichen Königsvorstellung steht. Bei manchen Propheten wurde also das Königsbild des Messias umgedeutet. Ein anderer Prophet, dessen Namen wir nicht kennen, der aber als ein Schüler Jesajas gilt, verwendete das Königsbild nicht, sondern bevorzugte eine andere, merkwürdige Gestalt, die des leidenden Knechts. Von diesem Knecht wird behauptet, daß Gott durch sein Leiden in der Lage sein wird, an seinem Volk das Heil zu vollziehen (vgl. Jes 53).

Zur Zeit des römischen Kaisers Augustus (gestorben 14 n. Chr.) wurde Jesus von Nazareth in Bethlehem geboren. Er war in jeder Hinsicht ein normaler Mensch und lebte wie die Menschen seiner Zeit. Seine Muttersprache war Aramäisch, die damalige Umgangssprache der Juden in Palästina. Jesus war aber ein Lehrer. Er kannte sehr gut die heiligen Schriften der Juden, die wir heute das Alte Testament nennen. Allmählich versammelten sich um ihn etliche Anhänger, die „Jünger“. Sie stellten fest, daß Jesus ein Prophet war, da er Sachen von Gott erzählte und dessen Willen zu vermitteln versuchte. Er war aber irgendwie noch mehr. Oftmals bezog er sich auf die alten Schriften. Nicht selten aber brachte er Sachverhalte zum Ausdruck, die sich nicht ohne weiteres aus den alten Schriften ableiten ließen, obwohl sie nicht von deren Sinne abwichen. Seine Taten waren auch anders. Er konnte die Menschen von körperlichen Krankheiten, vor allem aber von tieferen seelischen Krankheiten, durch seine Liebe und Zuwendung heilen. Merkwürdigerweise erlaubte er sich, den Menschen die Sünden zu vergeben, was eigentlich Gott allein zukommt. Er nannte Gott sogar seinen Vater. Natürlich ist Gott irgendwie Vater aller. Jesus aber nannte ihn „Vati“ (Abba auf Aramäisch), was eine außerordentlich vertraute Anrede war. Jesus schien ein anderes Verhältnis zu Gott zu haben, so daß er „Sohn Gottes“ auf besondere Weise war. Bald empfanden viele religiöse Oberhäupter der damaligen Juden Jesus als eine Gefahr. Das Volk seinerseits war geteilt. Einige meinten, daß Jesus der von Gott versprochene Messias sei. Einige aber bekräftigten mit Recht, Jesus sei kein König im richtigen Sinne. Jedenfalls wurde Jesus mit Hilfe der römischen Staatsobrigkeit festgenommen und am Kreuz hingerichtet. Auffälligerweise aber meinten seine Jünger, daß er ihnen am dritten Tag nach seinem Tod erschien. Er war wieder lebendig. So erkannten sie, daß Jesus, den sie als Menschen erlebt hatten, in der Tat mehr war. Er hatte so ein enges Verhältnis zu Gott, daß er von dem Tode auferstehen konnte. Jesus stand Gott so nahe, daß er wirklich sein Sohn war, ja sein einziger Sohn. Durch seine Worte und Taten hatte Jesus Gott so stark und durchsichtig wiedergespiegelt, daß man daraus erschloß, er kann kein reiner Mensch gewesen sein. Seine Geschichte fing nicht mit der Geburt von Maria an, sondern er war von vornherein bei Gott. Sonst hätte er von Gott das nicht erzählen können, was er erzählte. Sonst hätte er nicht auferstehen können. So stellten die Jünger fest, daß dieses Wesen, das am Anfang bei Gott war, Mensch wurde, als Maria schwanger wurde. Seitdem war er irgendwie menschlich und göttlich zugleich. Er war Mensch wie wir, er war aber auch Gott wie sein Vater. Von der Art und Weise dieser Vereinigung von zwei Bereichen, dem menschlichen und göttlichen, in Jesus kann man nicht viel sagen. Dies bleibt ein Geheimnis, woran man sich allein durch tiefes Vertrauen und Gebet annähern kann. In diesem Sinne hat die Menschwerdung des Gottessohnes, genauso wie viele Erfahrungen unseres Lebens und mehr sogar, etwas Unbegreifliches.Nun kommen wir zu unserer letzten Frage. Was heißt für uns heute, daß der Sohn Gottes Mensch geworden ist? Zuallererst heißt das, daß Gott für uns nicht mehr abstrakt ist. Gott ist in Jesus und durch Jesus konkret geworden. Er ist nahe und nicht mehr entfernt. Die Menschwerdung hat aber eine tiefere Bedeutung. Gott ist nicht nur konkret und sichtbar geworden, sondern auch ein Mensch wie wir. Indem er sich dank der Menschwerdung mit jedem von uns vereinigt hat, kann er mit jedem von uns solidarisch sein. Er kann unser Leiden und unsere Ängste nachempfinden, tragen und uns davon befreien, weil er selbst gelitten und Angst gehabt hat. Dies gipfelt darin, daß er gestorben ist und durch die Auferstehung den Tod besiegt hat. Der Tod ist also für uns kein auswegloses Erlebnis mehr. Sein Sinn besteht nicht mehr in der Verzweiflung und Bedeutungslosigkeit, sondern im neuen Leben, das aus dem Kreuz und der Auferstehung Jesu fließt. Deshalb sind wir dazu aufgefordert, unser Verhältnis zum Tod zu ändern und ihn von der Perspektive der Auferstehung Christi her zu betrachten. Die Bedeutung der Menschwerdung für uns ist in letzter Analyse nicht weniger als die Überwindung des Todes.

Assaad Kattan

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